Disclaimer: Die Fraktionsvorsitzenden verständigten sich darauf, dass in diesem Jahr die Haushaltsreden in einer verkürzten Version, von max. 10 Minuten Redezeit je Fraktion, gehalten werden. - Es gilt das gesprochene Wort.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
sehr geehrter Herr Landrat,
der letztjährige Haushalt war noch von der Hoffnung geprägt, dass sich nach den Jahren der Corona-Pandemie, die Weltwirtschaft erholt und wir wieder unser gewohntes Leben fortführen können.
Doch es sollte anders kommen. Putins menschenverachtender Angriffskrieg auf ein souveränes Land verursacht großes Leid und treibt Millionen Ukrainer:innen in die Flucht. Auch in NRW kommen viele Menschen an, die vor dem Krieg fliehen. Wir heißen sie in Solidarität hier im Kreis Euskirchen willkommen!
Für uns bedeutet dies aber, dass wir uns auf einen Modus der Dauerkrisen, mit gravierenden humanitären und wirtschaftlichen Folgen einzurichten haben.
Gerade auch die Energiekrise hat den Menschen schon wieder einiges abverlangt. Aber: Maßgeblich durch GRÜNE wurde die Lage beherrschbar gemacht. Das liegt vor allem auch an der harten Arbeit in den Wirtschaftsministerien. Weiterhin gilt es aufmerksam zu sein, denn es ist noch nicht überstanden.
Und jetzt? – Volle Kraft voraus für Klimaschutz und Erneuerbare!
So machen wir uns unabhängiger, krisenfester für die Zukunft, schützen das Klima und stärken unseren Wirtschaftsstandort hier in Euskirchen. Alle Instrumente liegen in unseren Händen. Vom wirtschaftlichen Entwicklungskonzept, der herausragenden Position einer Modellregion zur nachhaltigen Entwicklung des Wirtschaftsstandortes, der Nachhaltigkeitsstrategie für den Kreis, dem Klimawandelanpassungskonzept, Energieversorgungskonzepte, der Wasserstoffregion, Potenzialanalysen für die Vernetzung hybrider Energieformen, Solarkataster und etliches mehr, sind alle Grundlagen vorhanden.
Es läuft aber trotzdem nicht mit dem notwendigen Tempo, da sich die Fraktionen aus CDU, FDP und UWV lieber mit Konzepten sonnen, die sie nicht erstellt haben, und an etlichen Stellen eine zeitnahe Realisierung blockieren. Wir könnten viel mehr, wenn doch ein wirklicher Gestaltungswille vorhanden wäre. Stattdessen fluten Sie die Verwaltung mit Aufträgen, die arbeitsintensiv und kapazitätsbindend sind, und oft gar nicht in unsere kommunale Zuständigkeit fallen.
Es betrübt mich, wenn jedes Jahr im Rahmen der Haushaltsdiskussionen seitens der Kommunen, gerade auch in persönlichen Gesprächen, vorgetragen wird:
„Unsere Beiträge machen keinen Sinn, weil diese entweder nicht beachtet werden oder wir sowieso mit unseren Nöten nicht ernst genommen werden!“
Unsere Fraktion nimmt die Einwände erst und berücksichtigt diese in ihren Überlegungen und gibt ein Feedback. Bitte bleiben Sie am Ball! Ihre Stellungnahmen sind wichtige Gradmesser für die örtlichen Befindlichkeiten!
Für die nächsten Jahre müssen wir viele haushaltsrelevante Faktoren bedenken und an geeigneter Stelle Einfluss nehmen, um besondere Härten zu vermeiden:
Dabei gilt es mit Augenmaß die soziale Balance zu halten und insbesondere die finanziell Schwächeren zu stützen.
Die Krise wirkt mit einer sozialen Unwucht auf das gesellschaftliche Gefüge. Gerade Familien und insbesondere die mit geringen Jahreseinkommen sind davon betroffen. Daher ist der lokale Ansatz zur Änderung der Elternbeitragssatzung für uns der richtige Weg.
Doch stimmt die Formel:
„Der Zugang zur Bildung ist kostenfrei, zuständig ist das Land!“
Unsere Fraktion sieht dies differenzierter.
Angesehen davon, dass vermeintliche finanzielle Zuwendungen des Landes, auch von der Bevölkerung im Kreis zu tragen sind, ist doch zu erkennen, dass die praktizierte Methode der Gießkanne, als prozentuale Zuwendung, die falsche Zielgruppe erreicht. Wir geben das Geld nur einmal aus und daher soll es auch dort angekommen wo es augenblicklich richtig weh tut.
Daher ist der gefundene Kompromiss, zumindest die Beitragsfreistellung von 37 auf 45 T€ anzuheben der richtige Weg, um hier eine zielgenaue Entlastung der kleinsten Einkommen abzusichern. Ein zusätzlicher Inflationsausgleich von 10 % ist, bei gleichzeitiger Aussetzung der jährlichen Beitragssteigerung von 1,5 %, O.K., wenngleich wir eine weitere Beitragsfreistellung für kleine Einkommen für zielführender halten.
Daher gilt unsere Zustimmung für das mit der Liste vereinbarte Verfahren auch nur für das kommende Kita-Jahr 2023/2024.
Mit der neuen Regelung partizipieren alle Familien, die die Kita nutzen und ganz besonders die mit den kleinsten Jahreseinkommen! Wir verkennen bei dieser Lösung nicht den damit verbundenen Verwaltungsaufwand. Doch darf uns dies abschrecken, um die finanziell schwächsten mit unseren beschränkten Möglichkeiten zu stützen?
Schauen wir uns die Stellenpläne 2023 an, so ist festzustellen, dass die personelle Anpassung versucht die größten Härten abzufedern, um die Leistungsfähigkeit für die Bevölkerung aufrechtzuhalten. Wobei es sich nicht selten auch um Auswirkungen von Versäumnissen bei der sachgerechten Personalbemessung aus der Vergangenheit handelt.
Doch woher sollen wir die benötigten Fachkräfte, bei stetig wachsendem Spezialisierungsgrad bekommen?
Da ist die Strategie der Verwaltung der richtige Weg weit über das Soll Nachwuchskräfte auszubilden und nach Abschluss überwiegend in der Kreisverwaltung zu beschäftigen. Die Ausbildungsquote in 2023 mit 52 Azubis ist herausragend und vorbildlich! Dies gilt auch für den sozialen Stellenplan, der das Engagement und Zusammenspiel von Politik und Verwaltung für besonders zu fördernde Personen, unterstreicht!
Wir hätten uns gewünscht, die 0,5-Stelle des Energieberaters endlich aufzustocken,
um ihn mit seiner exzellenten Expertise zu halten und aber auch die Wertschöpfung im Kreis zu verankern. Die Arbeit in diesem Team ist beispielhaft! Oft sind mehr als 100 Menschen bei den Veranstaltungen. Doch neben der Beratung fehlt die Zeit für die Umsetzung der Strategien vor Ort. Welches Potenzial lassen wir da liegen!!!!
Wir bitten die Liste doch endlich diese, sich selbst finanzierende ½-Stelle, mitzutragen!!
Durch den Verkauf der RWE Aktien, die längst eher Ballast sind, hätten wir uns Freiräume, in Höhe von knapp 4 Mio. € geschaffen, um entweder in nachhaltige Anlagenstrategien, nach ESG-Kriterien oder in Projekte vor Ort mit großem Potenzial aus dem Wirtschaftsentwicklungskonzept, der Klimawandelfolgenanpassung, der Nachhaltigkeitsstrategie oder schlicht in PV-Anlagen auf unseren Dächern, zu investieren. Alles dies wäre besser als an Papieren zu kleben, die weder die Erwartungen noch die Marktlage widerspiegeln.
Wir beobachten, dass die Anforderungen an Kreis und seine Kommunen oft dieselben sind.
Wir können als kommunale Familie hier im Kreis nur überleben, wenn wir endlich die Denkstrukturen in kommunalen Grenzen überwinden. Wenn wir hier vor Ort nicht endlich größer denken, ist der finanzielle und personelle Kollaps vorprogrammiert. Durch die Anwendung des „Covid-Urkaine-Isolierungsgesetzes“ wird bis 2026 so getan, als sei die Haushalts-Welt in Ordnung.
Doch was dann?
Für unsere Fraktion ist schon im Sinne der Generationengerechtigkeit das Vorgehen klar: Wir buchen die isolierte Summe in einer Größenordnung von deutlich über 10 Mio. € gegen das Eigenkapital in Höhe von gut 30 Mio. €.
Insgesamt sehen wir, dass die Verwaltung all die relevanten Themenblöcke zielgerichtet und sachgerecht aufgreift und der Politik Lösungen anbietet. Dabei scheut sie sich nicht, in die absehbaren Auseinandersetzungen einzutreten. Es werden konkrete Vorschläge vorgelegt. Diese beinhalten auch neue Organisationsformen bis hin zur Integration von Nachhaltigkeitsaspekten, auf dem Weg zu einem wirkungsorientierten Haushalt.
Dies ist der Ansatz den wir unterstützen!
Daher erfolgt auch unsere Zustimmung zum Haushaltsentwurf 2023!
Unser Dank gilt der Verwaltung mit deren Belegschaft, die neben den ohnehin anspruchsvollen und vielfältigen Aufgaben, in eine Art Dauerkrisenmodus geschaltet hat. Doch auch dies würde nicht reichen um unsere Gesellschaftsform zukunftsfähig zu gestalten.
Es sind die freiwilligen und ehrenamtlichen Hilfskräfte in ihrem selbstlosen Einsatz, die vieles gesellschaftliche tragen und ja leider auch vermehrt ertragen. Die Stärkung des ehrenamtlichen Engagements kann gar nicht genug betont werden, um Menschen ein Angebot zur Beteiligung zu machen.
Die Relevanz deren Einsatzfreudigkeit konnten wir in den letzten Jahren und immer wieder im Alltag erleben.
Diesen Menschen gilt unser ganz besonderer Dank!
Daher ist auch die strategische Verankerung zur Stärkung des Ehrenamtes für uns eine zwingende Voraussetzung zum weiteren Gelingen eines gesellschaftlichen Konsenses. Die Verweigerung der Liste zu diesem Ansatz im Stellenplan, ist für uns nicht nachvollziehbar!
Achten Sie alle auf Ihre Gesundheit, möglichst einen Ausgleich zu den alltäglichen Strapazen und bleiben Sie auch in diesen schwierigen Zeiten zuversichtlich!
Jörg Grutke
Fraktionsvorsitzender
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
im Kreistag Euskirchen
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